Rudolf Stingel. LIVE @ NEUE NATIONALGALERIE BERLIN by Jens Schommer

Rudolf Stingel. LIVE

Rudolf Stingel. LIVE stellt den bislang größten Auftritt des Künstlers in Deutschland dar. Neben einer raumbezogenen Installation werden in der Neuen Nationalgalerie neue großformatige Gemälde des Künstlers gezeigt.

Rudolf Stingel, der 1956 in Südtirol geboren wurde und heute überwiegend in New York lebt, ist in den 90er Jahren mit raumgreifenden Arbeiten und einer materialbezogenen, konzeptuell angelegten Malerei international bekannt geworden. Erst kürzlich widmeten das Whitney Museum in New York und das Museum of Contemporary Art in Chicago dem Künstler vielbeachtete Retrospektiven.

Auf Einladung der Nationalgalerie hat Rudolf Stingel nun eine Installation für die Neue Nationalgalerie entworfen, die aus der Architektur von Mies van der Rohe heraus entwickelt ist und die den Charakter des einzigartigen Baus in beeindruckender Weise transformiert. Die Bodenfläche der großen Glashalle ist mit einem Teppich ausgelegt, dessen Ornament auf einen originalen indischen Agra-Teppich des 19. Jahrhunderts zurückgeht und dessen Farben der Künstler in Schwarz-Weiß- und Grautöne übersetzt hat. Starke, grafische Muster und sinnliche Opulenz treffen so auf die Kargheit und formale Reduktion der Architektur. Mit dem indisch-persischen Dekor wird zugleich die viel beschriebene Sakralität des Mies-Baus umgedeutet: der „moderne Tempel verliert seine abstrakte Strenge, rückt in die Nähe eines orientalisch geprägten Kultraumes.

Als weiteres Element der Installation hängt ein kristallener Kronleuchter zentral im Raum, der an pompöse Auftritte erinnert und dabei die unausweichlich europäische Perspektive verdeutlicht. Auch Perser- und Orientteppiche haben einen festen Platz in der europäischen Kulturgeschichte und finden sich bis heute, neben allerlei anderen „Orientalia, im bürgerlichen Wohnzimmer.